Borussia Dortmund ist derzeit in bestechender Verfassung, Mainz ging im Offensivwirbel des BVB 2:4 unter. Doch die Top-Form kam zu spät, um in der Champions League zu bestehen. Und das Pokalfinale ist erst in vier Wochen.
Es war eine erstaunliche Reaktion, mit der die Südtribüne des Dortmunder Westfalenstadions das Erreichen des wichtigsten Saisonziels ihres BVB feierte. Nach dem 4:2-Erfolg über Mainz 05 steht endgültig fest, dass Borussia Dortmund auch in der kommenden Saison in der Champions League dabei ist, die schwarz-gelbe Wand skandierte jedoch spontan: "Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin."
Die Fans wollen mehr, einen Titel, gerade gegen den FC Bayern, und es wäre ihnen lieber, wenn dieses Finale nicht erst in vier Wochen stattfinden würde. "Im Fußball kannst Du nicht immer Gas geben, aber jetzt haben wir eine Phase, in der es richtig gut läuft. Wir machen Tore, geben Gas, es macht Spaß ohne Ende", sagte Nuri Sahin am Ende eines hoch unterhaltsamen Fußball-Nachmittags. Trainer Jürgen Klopp fand seine Mannschaft sogar "herausragend gut" und lobte das "Tempo" und die "Finesse" im Spiel. Beim BVB läuft's einfach.
Dumm ist nur, dass ausgerechnet jetzt erstmal Spiele anstehen, in denen es lediglich darum geht, den Erzrivalen aus Gelsenkirchen-Schalke nicht in der Tabelle vorbeiziehen zu lassen. Das ist zwar auch wichtig, aber wie schön wäre es für die Dortmunder gewesen, wenn sie ein, zwei Wochen vorher zu sich gefunden hätten?
Dann könnten sie ihre Top-Form womöglich auch im Champions-League-Halbfinale zum Einsatz bringen, doch dieser Möglichkeit haben sie sich am Ende der weniger schönen Zeit Anfang April beim 0:3 in Madrid selbst beraubt.
Nun gilt es also, den schönen Zustand bis zum Pokalfinale gegen den FC Bayern am 17. Mai zu konservieren, was nicht so einfach ist in einem Geschäft, in dem die Entstehung positiver und negativer Phasen von Faktoren abhängt, die nicht immer kontrollierbar sind.
Das zeigt auch das Beispiel des Oliver Kirch, dessen Aufblühen alle im Verein überrascht. Und dessen Form erstaunliche Analogien zur Leistungskurve der Dortmunder Mannschaft aufweist. Der 31-Jährige hatte schon beim 2:0 gegen Real großartig gespielt, gegen Mainz glänzte er erneut als Lenker im defensiven Mittelfeld. "Es hat bei ihm 'Klick' gemacht und jetzt kickt er eben so", erwiderte Klopp auf die Frage nach möglichen Ursachen für Kirchs tolle Form.
Sogar an einem Tor war Kirch beteiligt, wenn auch eher unfreiwillig. Ein Schuss von Milos Jojic prallte an Kirchs Hand und von dort zum 1:0 ins Mainzer Tor (6. Minute). Das war der Auftakt zu einem Spiel, in dem der BVB in allen Phasen hoch überlegen war, aber - und auch das gehört zu diesen Dortmundern - lange brauchte, bis der Gegner wirklich besiegt worden ist. Sie vergeudeten fünf, sechs prächtige Chancen, so dass Shinji Okazaki erst zum 1:1 traf (14.) und in der zweiten Hälfte auch noch Robert Lewandowskis 2:1 (18.) egalisierte (53.).
"Der BVB war einfach eine andere Liga"
Als es dann nach Lukasz Piszczeks Treffer zum 3:2 (57.) besonders schlimm war mit der Dortmunder Inkonsequenz vor dem Tor, habe er gedacht, "wenn die keins mehr schießen wollen, dann machen wir halt eins und spielen hier 3:3", sagte der Mainzer Trainer Thomas Tuchel später. Damit wurde es dann aber doch nichts. Am Ende verwandelte der starke Marco Reus noch einen Elfmeter (79.), in dessen Vorlauf Niko Bungert wegen eines Handspiels im Strafraum vom Platz geflogen war. Danach war die Sache durch.
Die Mainzer hoffen nun gegen den 1. FC Nürnberg die noch für die Europa-League-Qualifikation fehlenden Punkte einzuspielen, "da haben wir wieder einen Gegner auf Augenhöhe", sagte Tuchel und kündigte an, diese Niederlage gar nicht weiter nachbereiten zu wollen. "So eine Analyse lohnt sich nicht, der BVB war einfach eine andere Liga", erläuterte der Trainer und klagte darüber, dass so eine Niederlage beim FC Bayern von den Experten als "normal" betrachtet werden würde, während nach so einem 2:4 in Dortmund kritisch gefragt werde, woran es denn gelegen habe.
Und das war am Ende das Kuriose an diesem Nachmittag: Der BVB wurde als europäisches Spitzenteam gefeiert, als Spitzenteam allerdings, das nun vier Wochen warten muss, bis es wieder richtig wichtig wird.
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