Monday, March 3, 2014

Wie Jürgen Klopp mit Werbung Millionen macht

Kein Trainer genießt mehr Sympathien, keiner vermarktet sich besser. Jürgen Klopp hat auch neben dem Fußballplatz eine große Karriere hingelegt. Für Tapetenkleister ist er heute nicht mehr zu haben.

Das Gehalt war bereits vereinbart, seine sportlichen Qualitäten waren unbestritten. Und doch beschlichen die Vorstandsmitglieder des Hamburger SV ernste Zweifel. In seiner Funktion als Fußballlehrer sei Jürgen Klopp zwar voll geeignet für den neu zu besetzenden Trainerposten, aber der Verein müsse eben auch die Außendarstellung bedenken.

Dass er mal zu spät gekommen war, könne möglicherweise auf eine generelle Unzuverlässigkeit zurückzuführen sein. Vor allem aber störten sich die Verantwortlichen am Erscheinungsbild des damaligen Trainers des FSV Mainz 05, dieses nonchalanten, bärtigen Lautsprechers. Flapsig sei er, war in einem internen Dossier zu lesen, unrasiert, mit langen Haaren auf dem Kopf und löchrigen Jeans an den Beinen. Was sollte denn die Öffentlichkeit denken? Kurzum: Dieser Klopp sei nicht vermittelbar, nicht vorzeigbar. Neuer HSV-Trainer wurde der Niederländer Martin Jol. Klopp ging zu Borussia Dortmund. 2008 war das.

Sechs Jahre später ist der HSV ein Abstiegskandidat, der seinerzeit unmittelbar vor dem Bankrott stehende BVB hingegen gewann zwei deutsche Meisterschaften, den DFB-Pokal und erreichte das Finale der Champions League. Jürgen Klopp wurde 2011 und 2012 zum Trainer des Jahres gewählt, ist der beliebteste Mann im deutschen Fußball und hat sein Image clever vermarktet. Nach "Welt"-Informationen verdient der 46-Jährige jährlich – erfolgsabhängige Prämien exklusive – mittlerweile 2,3 Millionen Euro durch Werbung.

In Beckenbauers Fußstapfen

Klopp ist zum großen Sympathieträger mutiert – europaweit. Selbst die Engländer verehren ihn aufgrund seiner Emotionalität, seiner Authentizität, seines Humors und seiner sportlichen Erfolge. Seit dem Triumphzug durch Europas Königsklasse in der vergangenen Saison gibt es keinen großen Klub der Premier League, der seinen Namen bei seiner Trainersuche nicht auf dem Zettel hat. Jürgen Klopp – flapsig, unrasiert und mit geringem Interesse für modische Trends – ist so etwas wie nationales Kulturgut und längst erster Anwärter auf das Amt des Bundestrainers, sollte es irgendwann vakant sein.

Er lächelt von Plakatwänden, scherzt mit Zlatan Ibrahimovic auf einer Galaveranstaltung, grinst uns im Vorabendprogramm aus dem Fernseher ins Wohnzimmer und hüpft am Wochenende so lange jubelnd an der Seitenlinie auf und ab, bis die Kappe mit dem "Pöhler"- Schriftzug vom Kopf gewackelt ist. Im TV sehen wir, wie er morgens seinen Bart stutzt und später seine Spieler im Auto spazieren fährt. Wir wissen, welchen Rasierer er benutzt und bei welcher Bank er sein Konto hat.

Klopp gehört zum Leben dazu, wir begegnen ihm beinahe täglich. Er bringt uns zum Staunen, zum Lachen, manchmal auch zum Nachdenken – die 70-Jährige Rentnerin, wie den Zwölfjährigen Nachwuchskicker. Einer für alle – und alle für Klopp. Im "Kicker" spricht er über 4-4-2 und Gegenpressing, in der "Bunten" über Liebe auf den ersten Blick und vor Studenten der Sporthochschule Köln über Motivation und Leistungsdiagnostik. Er bespielt die gesamte Klaviatur, sein Wort hat Gewicht. Er ist auf dem besten Weg, Franz Beckenbauer zu beerben. Jürgen Klopp als Kaiser 2.0. "Nein", an dieser Stelle widerspricht Marc Kosicke, "er ist Kloppo 1.0 – er trifft den Zeitgeist."

Klopps Berater entdeckte eine Marktlücke

"Kloppo" – ein Name, der beim Versuch hilft, sich dem Phänomen zu nähern. Kein anderer Bundesligatrainer hat es verstanden, sich in diesem Maße zu vermarkten und aus seiner Popularität Kapital zu schlagen. "Kloppo" ist im doppelten Sinn der Mann für Millionen.

Kosicke ist nicht ganz unbeteiligt, dass aus dem Jürgen aus Glatten im Schwarzwald irgendwann der "Kloppo" für alle wurde. Ihre gemeinsame Geschichte beginnt in Mainz.

Kosicke war Sports Marketing Director bei Nike, und Klopp bat ihn um ein Sponsoring. Wenn Nike ihm nichts dafür zahlen wolle, so wäre das in Ordnung. Aber er fände die Marke und die Klamotten einfach so toll... Er bekam die Sportartikel, und als Kosicke zum 28. Februar 2007 beim Sportartikelhersteller kündigte und sich als Berater von Nationalmannschaftsmanager Oliver Bierhoff selbstständig machte, blieb die Zusammenarbeit auf Wunsch des Trainers bestehen.


Kosicke hatte eine Marktlücke erschlossen, die Agentur Projekt B wuchs schnell, heute zählen etwa 20 Personen aus Sport und Medien zu seinen Klienten – vornehmlich Fußballtrainer wie Bruno Labbadia, Holger Stanislawski oder Torsten Lieberknecht – mit Jürgen Klopp als bestem Pferd im Stall. "Wir mussten damals ein paar ganz schön dicke Bretter bohren", erinnert sich Kosicke an Klopps Anfangszeit. Nicht nur in Hamburg gab es Vorbehalte.

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