DORTMUND Er ist ein hochbegabter Fußballer, ein sprachgewandter Akademiker – und ein strenger Selbstkritiker: Im Interview mit Dirk Krampe und Matthias Dersch spricht BVB-Regisseur Henrikh Mkhitaryan nach einem durchwachsenen ersten Halbjahr über den Vorsatz, künftig lockerer zu werden, den Druck der hohen Ablöse und seine Gespräche mit Jürgen Klopp.
Beim BVB gibt es das Ritual, dem Geburtstagskind in allen Landessprachen der Spieler ein Ständchen zu singen. Sie gelten als Sprachtalent, singen Sie nach Ihrem ersten Halbjahr in Dortmund schon bei jeder Version mit?
Henrikh Mkhitaryan: (lacht) Ich versuche es. Auf Polnisch, Türkisch, Englisch und Französisch kann ich es schon. Aber da bin ich nicht der einzige bei uns. Die anderen haben mich zum Beispiel auch gefragt, wie das Lied auf Armenisch klingt. Das ist ganz leicht. Es besteht nur aus einem Wort.
Das können Ihnen Ihre Kollegen dann ja am Dienstag vorsingen …
Mkhitaryan: Ja, darauf freue ich mich schon. Das wird bestimmt lustig …
An dem Tag werden Sie 25 Jahre alt. Was wünschen Sie sich für Ihr neues Lebensjahr?
Mkhitaryan: Neben der Gesundheit für mich und meine Familie ist mein größter Wunsch, dass ich meine volle Leistung für den BVB bringe und stark spiele.
Sie werden bei diesem Interview zwar von Dolmetscher Massimo Marrioti unterstützt, verstehen aber schon sehr viel. Suchen Sie bewusst das Gespräch im Alltag, um noch schneller Deutsch zu lernen?
Mkhitaryan: Ich gehe alleine einkaufen zum Beispiel, ja. Und ich schaue viel Fernsehen, das hilft auch. Wenn ich etwas nicht verstehe, schaue ich im Internet nach. Oder ich frage einfach meine Mitspieler.
Zum Beispiel Sokratis, mit dem Sie sich in La Manga ein Zimmer geteilt haben. Auf welcher Sprache haben
Sie sich verständigt? Deutsch? Italienisch? Englisch?
Mkhitaryan: (lacht) In allen Sprachen gleichzeitig.
Sie gehen in Ihrer Freizeit gerne ins Theater. Kennen Sie das Schauspielhaus in Dortmund schon?
Mkhitaryan: Nein, das habe ich mir bislang leider noch nicht angesehen. Es war noch nicht die Zeit dafür, noch verstehe ich die deutsche Sprache dann doch auch zu wenig, als dass sich das für mich wirklich lohnen würde.
Am Samstag läuft dort ein Stück, das Sie interessieren dürfte: "100 Wege, dem Schicksal die Show zu stehlen".
Mkhitaryan: Das könnte mich wirklich interessieren. Wenn ich besser Deutsch spreche, schaue ich dort auf jeden Fall mal vorbei. Ich glaube an Schicksal, ich glaube aber nicht, dass man es austricksen kann. Der Weg ist vorbestimmt.
Wie gut hat es das Schicksal mit Ihnen denn in Ihrem ersten Halbjahr beim BVB gemeint?
Mkhitaryan: Ich muss gestehen, dass ich mit etwas anderem gerechnet habe vor einem halben Jahr. Ich habe bislang nicht das erreicht, was ich erreichen wollte.
Ihr früherer Trainer, Mircea Lucescu, hat Sie einmal als „Profi durch und durch“ bezeichnet. Stimmt es, dass man Ihnen in Donezk den Spitznamen „Hausmeister des Trainingsgeländes“ verpasst hat?
Mkhitaryan: Ja, das stimmt. (lacht)
Wie kam es dazu?
Mkhitaryan: Ich habe damals in Donezk direkt neben dem Trainingsgelände gewohnt und habe mich voll aufs Fußballspielen konzentriert. Ich hatte damals einen Traum im Kopf, den ich mir unbedingt erfüllen wollte. Deshalb bin ich immer am Trainingsplatz geblieben, ich habe Fußball regelrecht gelebt. Aber ich denke, jetzt ist es an der Zeit, etwas lockerer zu werden und auch mal abzuschalten. Sonst ist die Belastung zu stark, weil das Niveau in der Liga so hoch ist.
Vor einem halben Jahr sagten Sie bei uns im Interview, Sie könnten die Qualität der Bundesliga nicht genau einschätzen. Wurden Sie in Ihrer damaligen Vermutung, was die Stärke angeht, bestätigt?
Mkhitaryan: Ich habe mir im Sommer schon gedacht, dass die Bundesliga eine der stärksten Ligen der Welt ist. An dieser Einschätzung hat sich nichts geändert. Es ist sehr interessant, in Deutschland zu spielen. Ein Bundesliga-Spiel zu gewinnen, ist einfach wahnsinnig schwer.
Haben Sie sich zu Beginn in Dortmund zu sehr unter Druck gesetzt, weil Sie sofort eine tragende Rolle spielten wollten?
Mkhitaryan: Ja, das war so. Dazu kam meine Verletzung in der Vorbereitung. Ich habe danach zu schnell zu viel gewollt, habe teilweise mit Schmerzen gespielt. Diesen Fehler würde ich heute nicht mehr machen.
Wo sehen Sie das größte Verbesserungspotenzial in Ihrem Spiel?
Mkhitaryan: Torabschluss, Passspiel, Vorlagen – ich denke, ich muss mich überall verbessern.
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